Alle
Wildvögel
besitzen
Federn
,
die
für
ihre
artgerechte
Lebensweise
erforderlich
sind.
Bei
vielen
Arten
sind
die
Männchen
auffälliger
gefärbt
als
die
Weibchen.
Für
die
Balz
und
der
Revierverteidigung
ist
es
erforderlich,
dass
Männchen
ihre
Gefiederfarben
gut
zu
Geltung
bringen.
Die
gelb
oder
rot
gefärbten
Gefiederzonen
sind
oft
ausgedehnter,
intensiver
und
leuchtender,
die
braunen
oder
schwarzen
Melaninfarben
satter
gefärbt
als
bei
den
Weibchen.
Das
Gefieder
der
Weibchen
ist
bei
den
meisten
Carduelidenarten
weniger
bunt
und
farbkräftig.
Oft
haben
sie
mehr
braunes
Melanin
im
Gefieder
eingelagert.
Ein
unauffälliges
Gefieder
tarnt
die
Weibchen
während
der
Brut
im
Nest.
In
der
Gefiederfarbe
besteht
also
ein
Geschlechtsdimorphismus,
der
je
nach
Art
unterschiedlich
stark
ausgeprägt
ist.
Wildformen
der
Cardueliden
besitzen
jedoch
keine
intensiven
oder
nichtintensiven
Federn,
wie
wir
es
von
den
Kanarien
kennen,
denn
es
gibt
einen
drastischen
Unterschied: Cardueliden haben niemals eine farbstofffreie – und damit weiße – Federspitze!
Diese
farbstofffreie
Federspitze
ist
im
Laufe
der
Domestikation
des
Kanarengirlitz
entstanden.
Eine
Mutation
machte
die
Feder
etwas
länger
und
breiter
und
ließ
die
Federspitze
unpigmentiert.
Vermutlich
hat
sich
diese
Eigenschaft
zuerst
bei
den
Kanarienweibchen
manifestiert.
Inzwischen
ist
dieses
Merkmal
nicht
mehr
zwingend
an
das
Geschlecht
gebunden.
Wir
haben
heute
Kanarienweibchen
mit
schmalen,
kurzen
Federn,
mit
oder
ohne
weißer
Federspitze.
Wir
kennen
Männchen
mit
langen,
breiten
Federn,
mit
oder
ohne
weißer
Federspitze.
Kanarien
mit
weißen
Federspitzen,
dem
„Schimmelrand“,
bezeichnen
wir
als
nichtintensive
Vögel,
Kanarien
ohne
Schimmel
nennen
wir
intensive
Vögel.
Aber
mit
diesen
Bezeichnungen
berücksichtigen
wir
nicht
die
unterschiedlichen
Federtexturen,
die
mit
oder
ohne
weiße
Federränder
auftreten.
JULIUS
HENNIGER
ist
der
Erste,
der
sich
mit
der
Vererbungsweise
der
Intensität
befasste.
[1]
Er
bezieht
sich
angeblich
auf
Erkenntnisse
von
Dr.
HANS
DUNKER
,
die
dieser
im
von
Henniger
erwähnten
Werk
[2]
dargelegt
haben
soll.
Allerdings
geht
Dunker
in
dieser
Schrift
mit
keinem
Wort
auf
die
Vererbungsweise
der
Intensität
ein!
Woher
also
Henniger
sein
Wissen
hatte,
bleibt
im
Dunkeln
der
Geschichte
verborgen.
Trotzdem wird Hennigers Vererbungstheorie bis heute als Tatsache verbreitet und ungeprüft von Autoren und Züchtern übernommen.
Henniger
gab
den
„
reinerbigen
“
nichtintensiven
(blasse
oder
B-Vögel)
Kanarien
die
Erbformel
ii
und
den
reinerbig
intensiven
(tiefe
oder
A-
Vögel)
Kanarien
die
Formel
II
.
Nach
seiner
Auffassung
wird
das
Merkmal
„intensiv“
frei
und
dominant
gegenüber
„nichtintensiv“
vererbt.
Deshalb
müsse
es
auch
spalterbige
intensive
Vögel
geben,
die
er
mit
Ii
bezeichnete.
Der
DKB
übernahm
diese
Formeln,
[3]
allerdings
mit
anderer
Bedeutung:
II
=
schimmel,
ii
=
intensiv
(reinerbig),
Ii
=
intensiv
(spalterbig).
Gleichgültig
welche
Formel
man
verwendet,
die
reinerbigen
intensiven
Vögel
sollen
nicht
lebensfähig
sein,
da
bei
ihnen
ein
Letalfaktor
wirken
soll.
Es
könne
also
nur
intensive
Vögel
geben,
die spalterbig in nichtintensiv sind.
Weder
Dunker
noch
Henniger
haben
in
Versuchsreihen
diesen
dargestellten
Letalfaktor
nachgewiesen.
Offenbar
wurden
damals
lediglich
Analogien
zu
den
Letalfaktoren
„Haube“
und
„Dominantweiß“
gezogen.
Obwohl
es
bis
heute
keine
einzige
Studie
von
Forschern
oder
Züchtern
zum
„Letalfaktor
Intensität“
gibt,
wird
diese
vermeintliche
Tatsache
bis
heute
publiziert
und
auch
von
„Wissenschaftlern“
ungeprüft
übernommen.
Da
ist
es
kein
Wunder,
dass
die
intensive
Federtextur
in
das
„Qualzuchtgutachten“
[4]
eingegangen
ist.
Darin
heißt
es:
„Homozygotie
für
das
Merkmal
,Intensive
Gefiederfärbung‘
führt
zum
Embryonaltod.“
Als
Quellen
für
diese
Behauptung
werden
die
Doktorarbeit
von
Schicktanz
[5]
(seine
Arbeit
wurde
vom
Komitee
gegen
Vogelmord
finanziert!)
und
das
Buch
„Die
Positurkanarien“
von
Dr.
Hans
Claßen
[6]
angeführt.
Schicktanz
hat
in
Bezug
auf
die
Intensität
keinerlei
Untersuchungen
vorgenommen
und
Dr.
Hans
Claßen
hat
kein
Wort
über
einen
Embryonaltod
geschrieben.
Trotzdem
fordern
die
Gutachter:
„Verbot
der
Verpaarung
von
Kanarienvögeln,
die
beide
das
Gen
für
das
Merkmal ,Intensive Gefiederfärbung‘ tragen“
.
Jeder
Kanarienzüchter
weiß,
dass
es
eine
unüberschaubare
Anzahl
von
Übergangsformen
zwischen
intensiven
und
nichtintensiven
Kanarien
gibt.
Es
gibt
intensive
Vögel
mit
einer
Winzigkeit
an
weißen
Federrändern,
es
gibt
nichtintensive
Kanarien
mit
sehr
großen
weißen
Federrändern,
die
sich
an
einigen
Körperstellen
ballen.
Es
ist
also
mehr
als
logisch,
dass
diese
Intensitätsvielfalt
nicht
mit
zwei
Allelen
(
I
oder
i
)
erklärbar
ist.
Wir
haben
es
hier
mit
einer
quantitativen
Vererbung
zu
tun,
die
nicht
in
das
von
uns
bevorzugte
Erbschema
„vorhanden/nichtvorhanden“
darstellbar
ist.
Meist
sind
quantitative
Merkmale
auf
das
Zusammenwirken
mehrerer
Gene
–
oder
auf
das
mehrmalige Einwirken eines Gens – in die Synthesekette zurückzuführen.
Die
quantitative
Vererbung
ermöglicht
dem
Züchter
durch
geschicktes
Verpaaren
ein
bestimmtes
Zuchtziel
zu
erreichen.
Er
wird
sich
dabei
immer
an
den
Standard
der
jeweiligen
Kanarienrasse
orientieren
und
Vögel
zur
Zucht
verwenden,
deren
Nachkommen
dem
Zuchtziel
möglichst
nahekommen.
Dabei
ist
die
Regel
„verpaare
immer
intensiv
mit
nichtintensiv“
nur
ein
ganz
grober
Hinweis.
Die
Realitäten
sind
weitaus
vielfältiger,
da
die
Ausprägung
des
Schimmelbelages
sehr
unterschiedlich
sein
kann.
Viel
wichtiger
ist,
dass
die
Federtextur
beachtet
wird.
Wer
einen
nichtintensiven
Vogel
mit
einem
breiten
Schimmelrand
und
einer
langen,
breiten
Feder
mit
einem
intensiven
Vogel
verpaart,
der
ebenfalls eine lange und breite Feder besitzt, wird Nachkommen erzielen, die ein sehr üppiges, lockeres Gefieder haben.
Wer
einen
intensiven
Vogel
mit
einer
kurzen,
schmalen
und
harten
Feder
und
einen
nichtintensiven
Vogel
mit
einer
ähnlichen
Federtextur
verpaart,
wird
Nachkommen
erzielen,
die
ebenfalls
ein
knappes
Gefieder
besitzen.
Wenn
man
dies
über
einige
Generationen
fortführt,
steigt
die
Reinerbigkeit
für
das
Merkmal
„kurze,
schmale
Federtextur“,
unabhängig
davon,
ob
die
Vögel
Schimmel
besitzen
oder
nicht.
Die
Federn
solcher
Nachkommen
werden
immer
schmaler,
kürzer,
härter
und
damit
auch
brüchiger.
Im
Extremfall
bedecken
sie
manche
Körperstellen
nicht
mehr
vollständig.
Nun
könnte
man
vermuten,
dass
mit
dieser
Zuchtpraxis
ein
Vitalitätsverlust
der
Nachkommen
verbunden
ist.
Dass
dem
nicht
so
ist,
beweisen
die
Züchter
der
Gibber
Italicus,
die
diese
Zuchtpraxis
anwenden.
Sie
erfreuen
sich
an
dieser
Rasse
seit
mehr
als
70
Jahren, an ihrer
Vitalität
und an den zahlreichen Nachkommen.
Warum
ist
das
so?
Weil
man
zwischen
Ausstellungsvögel
und
Zuchtvögel
unterscheiden
muss.
Ein
Zuchtvogel,
der
auf
Ausstellungen
Punktabzüge
aufgrund
seiner
nicht
optimalen
Federtextur
und
Intensität
hinnehmen
muss,
kann
als
Zuchtvogel
aber
sehr
wertvoll
sein.
Der
Standard
fordert
z.
B.
für
einen
Gibber
Italicus
ein
sehr
knappes
Gefieder.
Es
werden
daher
kaum
Vögel
zur
Ausstellung
und
Bewertung
gebracht, die diese Forderung weniger erfüllen. Für die Zucht sind Vögel mit einem etwas üppigeren Gefieder jedoch sehr wertvoll.
Weder
durch
statistische
Erfassungen
noch
durch
andere
wissenschaftliche
Untersuchungen
ist
bisher
eine
Letalität
bei
der
Verpaarung
zweier intensiver Kanarien nachgewiesen worden. Seit mehr als 50 Jahren beweist die Zuchtpraxis, dass es solch eine Letalität nicht gibt!
Die
Aussagen,
die
Julius
Henniger
vor
60
Jahren
zur
Vererbung
der
Intensität
gemacht
hat,
kann
man
entschuldigen.
Er
wusste
es
als
Kanarienzüchter
nicht
anders.
Nicht
zu
entschuldigen
ist,
dass
Professoren
und
Doktoren
in
ihrem
Gutachten
Aussagen
aus
der
Populärliteratur
ungeprüft
übernehmen,
und
so
den
verantwortungsvollen
Kanarienzüchtern
unterstellen,
dass
sie
ihren
Vögeln
dauerhaft
Schmerzen, Leiden und Schäden zufügen.
Nichtintensive
Kanarien
mit
ihren
weißen
Federspitzen
wirken
wie
mit
einem
Schimmel
überzogen.
Deshalb
werden
Vögel
mit
diesem
Merkmal
immer
noch
als
„schimmel“
bezeichnet.
In
der
deutschen
Sprache
gibt
es
jedoch
weder
ein
Adjektiv
noch
ein
Verb
„schimmel“.
Bestenfalls
gibt
es
das
Adjektiv
„schimm(e)lig“
im
Sinne
von
verdorben,
und
das
Substantiv
„Schimmel“
im
Sinne
eines
weißen
Pferdes
oder
den
Belag
auf
Käse
oder
Wände.
Wir
sollten
also
die
Bezeichnung
„nichtintensiv“
verwenden,
die
in
nahezu
allen
Sprachen übertragbar und verständlich ist.
Aufgehellt rote Kanarien mit unterschiedlicher Intensität – von
intensiv bis extrem nichtintensiv.
Häufigkeit
der
Nachkommen
aus
Verpaarungen
von Vögeln mit unterschiedlicher Intensität.
Verpaaren
wir
z.
B.
einen
intensiven
mit
einem
nichtintensiven
Vogel,
verteilen
sich
deren
Nachkommen
auf
die
einzelnen
Intensitäts-
varianten
(rote
Glockenkurve).
Diese
„
Normal-
verteilung
“
nach
Carl
Friedrich
Gauß
gilt
auch
für
andere
Verpaarungsvarianten.
Je
weniger
sich
die
Elternvögel
in
der
Intensität
unterscheiden,
umso
steiler
wird
die
Kurve
sein,
d.
h.
umso
weniger
unterscheiden sich die Nachkommen.
Über die Intensität
© Norbert Schramm 2017